Heft 19 / 2013

In der aktuellen Ausgabe der UR (Heft 19, Erscheinungstermin: 05. Oktober 2013) lesen Sie folgende Beiträge und Entscheidungen.

Aufsätze

  • Boor, Julian, Grundlegende Entscheidungen des EuGH zur Gruppenbesteuerung im Mehrwertsteuerrecht, UR 2013, 729-739
    Gem. Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten in ihrem Gebiet ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln. Dieser Steuerpflichtige wird ausweislich der Gesetzesmaterialien als Mehrwertsteuergruppe bezeichnet. Von der Gruppenbesteuerungsoption haben zum gegenwärtigen Zeitpunkt 17 Mitgliedstaaten Gebrauch gemacht. In sieben von der Kommission in den Jahren 2009 und 2010 eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren hatte der EuGH erstmals über die Vereinbarkeit nationalen Mehrwertsteuerrechts mit den Vorgaben des Art. 11 MwStSystRL zu befinden. Den Anlass für die Vertragsverletzungsklagen bildeten zwei Problemkreise: Die Kommission hielt es zum einen für unzulässig, dass in Dänemark, Finnland, Irland, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und in Tschechien auch Nichtsteuerpflichtige in eine Mehrwertsteuergruppe einbezogen werden können. Zum anderen wendete sich die Kommission gegen das finnische und schwedische Recht, welches den Zugang zur Gruppenbesteuerung nur Unternehmen des Finanz- und Versicherungssektors gewährt.Für die erste Verfahrensgruppe hat der EuGH nur in der Rechtssache Kommission/Irland, für die zweite Verfahrensgruppe nur in der Rechtssache Kommission/Schweden Schlussanträge des Generalanwalts eingeholt. Im Ergebnis hat der Gerichtshof beide Vertragsverletzungsklagen abgewiesen. Eine Einbeziehung von Nichtsteuerpflichtigen in Steuergruppen sei rechtmäßig, und auch die Beschränkung des mitgliedstaatlichen Gruppenbesteuerungsrechts auf bestimmte Wirtschaftszweige könne gem. Art. 11 Abs. 2 MwStSystRL gerechtfertigt werden, da sie der Missbrauchsverhinderung diene. Die übrigen fünf Verfahren wurden jeweils unter Verweis auf die vorgenannten Urteile inhaltsgleich entschieden, eine Übersetzung der Urteilsgründe in die weiteren Amtssprachen erfolgte nicht.Die Urteile sind von erheblicher Bedeutung, da der EuGH neben der Sachentscheidung erstmals zwei grundlegende methodische Aussagen zur Anwendung des Art. 11 MwStSystRL getroffen hat: In beiden Entscheidungen stellt der Gerichtshof fest, dass die Tatbestandsmerkmale des Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL unionsautonom auszulegen sind. Aus der Schweden-Entscheidung ergibt sich zudem, dass die Mitgliedstaaten, die von der Gruppenbesteuerungsoption Gebrauch gemacht haben, einer Vollumsetzungspflicht unterliegen, welche nur aus Gründen der Missbrauchsverhinderung gem. Art. 11 Abs. 2 MwStSystRL suspendiert werden kann.Nachfolgend werden die methodischen Aussagen des EuGH rechtlich eingeordnet und ihre Reichweite analysiert. Abschließend wird auf die Konsequenzen der neuen Rechtsprechung für das deutsche Organschaftsrecht eingegangen.

Das UmsatzsteuerForum stellt zur Diskussion

  • Nieskens, Hans, Wettbewerbsverzerrungen durch wirtschaftliche Tätigkeiten der öffentlichen Hand, – Zur umsatzsteuerrechtlichen Bevorzugung der öffentlichen Hand im Bereich des Friedhofswesens –, UR 2013, 739-751
    Die öffentliche Hand entfernt sich zunehmend von ihren klassischen hoheitlichen Aufgaben und betätigt sich verstärkt wirtschaftlich. Sie tritt damit in die direkte Konkurrenz mit privatrechtlichen Anbietern einer vergleichbaren Leistung, allerdings ohne die mittlerweile zum Wirtschaftsfaktor mutierte Umsatzsteuer zu entrichten. Verantwortlich hierfür ist eine durch § 2 Abs. 3 UStG mit der Verweisung auf das Körperschaftsteuerrecht völlig veraltete Vorstellung von wirtschaftlicher Teilhabe der öffentlichen Hand an unternehmerischen Handlungen. Zum Teil beklagt die öffentliche Hand diesen Zustand selbst, indem sie etwa an den Segnungen des Vorsteuerabzugs teilnehmen will, was aber nur bei steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen – also einer wirtschaftlichen Tätigkeit – möglich ist (vgl. z.B. BFH, Urt. v. 14.3.2012 – XI R 8/10, BFH/NV 2012, 1667 – kein Vorsteuerabzug einer Gemeinde aus Errichtung einer Stromleitung). Öfters jedoch sind es die privaten Mitkonkurrenten, die eine Gleichbehandlung anmahnen, weil sie nur so in einem umkämpften Markt mit relativ bescheidenen Gewinnmargen wirtschaftlich bestehen können. Der nachfolgende Beitrag versucht, die vorgenannte Problematik anhand der bestehenden Konkurrenzsituation im Bereich des Friedhofswesens aufzuzeigen, verbunden mit Lösungsvorschlägen für die Wirtschaftsteilnehmer, um den Grundsatz der wirtschaftlichen Neutralität der Umsatzsteuer zu gewährleisten.

Rechtsprechung

  • BFH v. 4.7.2013 - V R 33/11, Aufwendungsersatz als Entgelt – keine Bindung des FG an rechtliche Beurteilung der Europäischen Kommission, UR 2013, 751-756
  • BFH v. 28.5.2013 - XI R 11/09, Innergemeinschaftliche Lieferung im Reihengeschäft unter Beteiligung eines im Drittland ansässigen Zwischenerwerbers – keine Divergenzanfrage bei zwischenzeitlicher Klärung durch bindendes EuGH-Urteil im Vorabentscheidungsverfahren, UR 2013, 756-764
  • BFH v. 25.4.2013 - V R 28/11, Steuerpflicht der innergemeinschaftlichen Lieferung bei einer nicht mit Beleg- und Buchangaben zusammenhängenden Bösgläubigkeit, UR 2013, 764-767
  • BFH v. 20.2.2013 - XI R 12/11, Kein ermäßigter Steuersatz für Umsätze mit einer sog. “Coaster-Bahn“ (Schlittenbahn) – Abgrenzung einer Beförderung zu einer Gebrauchsüberlassung, UR 2013, 767-770

Verwaltungsentscheidungen

  • Vordrucke zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzbesteuerung (Vordruckmuster USt 1 F bis 6 F sowie Anlagen USt 1, 2, 3 F und Anlage USt 6 F), UR 2013, 771-772
  • Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat August 2013, UR 2013, 772

Literatur

  • Zeitschriftenbeiträge, UR 2013, 772

Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 30.09.2013 14:34