Aufsätze
Drüen, Klaus-Dieter, Unionsrechtliche Vorgaben für die Verzinsung von Umsatzsteuer – Teil 2, UR 2023, 305-318
Nachdem das BVerfG die Verfassungswidrigkeit der Vollverzinsung nach § 233a i.V.m.
§ 238 AO ausgesprochen, aber für alle erfassten Steuerarten die Fortgeltung bis längstens
Ende 2018 angeordnet hat, stellt sich die Rechtsfrage, ob die fortgeltende Umsatzsteuerverzinsung
für Zinszeiträume vor 2019 unionsrechtlichen Vorgaben standhält. Die Vereinbarkeit
der Umsatzsteuerzinsen für Altjahre ist keine res iudicata. Gegen unionsrechtlich
unangemessene und gleichheitswidrige Umsatzsteuerzinsen werden verschiedene Angriffspunkte
erhoben, denen dieser Beitrag aus Anlass aktueller Streitverfahren vertieft nachgeht.
Im ersten Teil des Beitrags (UR 2023, 257) wurde die Entscheidung des BVerfG und die
Reichweite der Fortgeltungsanordnung analysiert. Dem schloss sich eine ausführliche
Auseinandersetzung mit dem unionsrechtlichen Rahmen für nationale Steuerzinsen bei
der Umsatzsteuer an. Dieser zweite Teil des Beitrags widmet sich vertieft den konkreten
Angriffspunkten gegen die Umsatzsteuerverzinsung nach § 233a AO. Im Anschluss dazu
werden verfahrensrechtliche Möglichkeiten zur Abwendung einer Umsatzsteuerüberverzinsung
aufgezeigt.
Praxisforum Umsatzsteuer
Kirchhain, Christian / Pötters, Charlotte, Menüservice ist kein Partyservice – auf den sozialen Kontext kommt es an!, UR 2023, 319-324
“Die Versorgung mit Essen entspricht einem Grundbedürfnis, das jeder Mensch hat.“
Auf diese Feststellung hat der XI. Senat des BFH im Jahr 2010 maßgeblich seine Entscheidung
gestützt, dass die entgeltliche Erbringung von Versorgungsleistungen gemeinnütziger
Körperschaften an hilfebedürftige, zumeist ältere Menschen im Rahmen eines Menüservice
(“Essen auf Rädern“) nicht umsatzsteuerfrei ist. Derartige Leistungen seien, so der
XI. Senat, mit den Leistungen eines Partyservice vergleichbar. Diese Rechtsprechung
hat die Finanzverwaltung jüngst im BMF-Schreiben v. 14.2.2023 übernommen. Sie verstößt,
wie die Verfasser unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des EuGH begründen, gegen
Unionsrecht. Im vorliegenden Beitrag geht es auch um die grundlegende Frage, in welchem
Maß das Ermessen der Mitgliedstaaten bei Umsetzung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL
durch das unionsrechtliche Primärrecht begrenzt ist. Die Verfasser zeigen auf, dass
bei Auslegung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL und des § 4 Nr. 18 UStG gleichermaßen
auf den sozialen Kontext, d.h. auf den Kreis der Leistungsempfänger, abzustellen ist.
Im Lichte des grundgesetzlich verankerten Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101
Abs. 1 Satz 2 GG) erscheint eine Vorlage an den EuGH geboten.
Rechtsprechung
Unternehmer, Unternehmen
BFH v. 26.1.2023 - V R 20/22 (V R 40/19), Organschaft: Erneute EuGH-Vorlage, UR 2023, 325-334
BFH v. 18.1.2023 - XI R 29/22 (XI R 16/18), Organschaft: Steuerschuldner und finanzielle Eingliederung, UR 2023, 334-340
Steuerentstehung
BFH v. 29.11.2022 - XI R 11/21, Übertragung eines vor dem 1.1.2019 ausgestellten Gutscheins über eine elektronische
Dienstleistung in einer Leistungskette, UR 2023, 340-343
Verwaltungsentscheidungen
Steuerbefreiungen
FinMin. Schleswig-Holstein v. 7.12.2022 - VI 358 - S 7168 - 124, Verpachtung von Fischereirechten, UR 2023, 344
Leistungsempfänger als Steuerschuldner
LSt Niedersachsen v. 4.1.2023 - S 7279 - St 185a - 3927/2022, Bestimmung des umsatzsteuerrechtlichen Leistungsempfängers bei Straßenbaulasttätigkeiten
der Länder im Rahmen der Auftragsverwaltung für den Bund unter Einbindung Dritter, UR 2023, 344
Vorsteuerabzug
BMF v. 13.3.2023 - III C 2 - S 7500/22/10005 :005, Spenden für technische Hilfe zur Reparatur kriegsbeschädigter Infrastruktur in der
Ukraine, UR 2023, 344